einszwovier: Kicker Glow-Up
Von Aron Petau und Friedrich Weber Goizel • 8 Minuten gelesen •
Kursprofil
| Kurstitel | Kicker Glow-Up: Individuelle Tischkicker-Figuren | 
| Dauer | 3 Tage (3 × 120 Min oder 3 × 180 Min) | 
| Zielgruppe | 7. Klasse (12-13 Jahre) | 
| Gruppengröße | 12-16 Schüler:innen | 
| Ort | Schul-Makerspace / Werkstattumgebung | 
| Ausstattung | iPads (bereitgestellt von GVB), 3D-Drucker, Malutensilien | 
Trainierte Kompetenzen
- Digitale Kompetenz: 3D-Scannen mit Polycam/Scaniverse, CAD-Design in TinkerCAD, Slicing-Software (PrusaSlicer)
 - Design Thinking: Iteratives Prototyping, Problemlösung, technische Einschränkungen (Maßstab, Druckbarkeit, Montage)
 - Making-Fähigkeiten: 3D-Druck-Grundlagen, Nachbearbeitung, Mal- und Veredelungstechniken
 - Kollaboratives Lernen: Peer-Support, gemeinsames Troubleshooting, kollektive Wartung
 - Räumliche Aneignung: Kritische Reflexion über Repräsentation in öffentlichen Spielräumen, Eigentumsanspruch durch Making
 
Kicker-Figuren neu erfunden
Der Kicker Glow-Up läuft bereits in der zweiten Iteration – ein praxisorientierter 3-Tages-Workshop für 7.-Klässler, bei dem sie eigene Tischkicker-Figuren für die Außentische der Schule erstellen. Dieses Projekt verbindet digitale Fertigung, 3D-Modellierung und Kreativität, um den Schüler:innen Eigenverantwortung für ihre Spielgeräte zu geben. Der gesamte Workflow läuft auf iPads, die von der GVB (Gemeinnützige Gesellschaft für berufsbildende Maßnahmen) bereitgestellt werden, was digitale Fertigung ohne umfangreiche Computerinfrastruktur zugänglich macht.
Wie alles begann
Die Idee für diesen Workshop entstand aus einem beiläufigen Gespräch mit einer Schülerin, die sich nebenbei darüber beschwerte, dass Tischkicker-Figuren immer männlich kodiert sind. Diese Beobachtung brachte uns zum Nachdenken. Sie hatte absolut recht – Standard-Kicker-Figuren schließen implizit aus und verstärken subtil, wer in Spielräume „gehört".
Uns wurde klar, dass die Individualisierung der Figuren nicht nur ein spaßiges Making-Projekt war – es war ein perfekt pädagogischer Weg für Schüler:innen, sich ihre eigenen Spielplätze anzueignen. Indem sie ihre eigenen Darstellungen schaffen, beanspruchen Schüler:innen Eigentum an öffentlichen Spielgeräten und verändern die impliziten Botschaften darüber, für wen diese Räume sind.
Workshop-Überblick
Über drei intensive Tage lernen die Schüler:innen die komplette digitale Fertigungspipeline: vom Erfassen von 3D-Scans von sich selbst oder Objekten, über das Modellieren und Anpassen von Designs in CAD-Software, das Vorbereiten von Dateien für den 3D-Druck, bis hin zur Herstellung und Veredelung ihrer individuellen Figuren.
Der Workshop befähigt Schüler:innen zu:
- Die physische Welt digitalisieren mit 3D-Scanning-Tools
 - In 3D gestalten mit zugänglicher CAD-Software
 - Fertigung verstehen durch praktischen 3D-Druck
 - Ihre Umgebung personalisieren, indem sie funktionale Kunst für ihre Schule schaffen
 
Der Workflow
flowchart TB
    subgraph day1["Tag 1: Modellbeschaffung"]
        Start[Workshop-Start] --> Polycam[Scannen mit Polycam]
        Start --> Scaniverse[Scannen mit Scaniverse]
        Start --> Online[Download von Thingiverse/Online]
        Start --> Scratch[Von Grund auf erstellen]
    end
    subgraph day2["Tag 2: Design & Vorbereitung"]
        Design[Design in TinkerCAD]
        Nomad[Optional: Verfeinern in Nomad Sculpt]
        Slice[Vorbereiten in PrusaSlicer]
    end
    
    subgraph day3["Tag 3: Fertigung & Installation"]
        Print[3D-Druck der Figur]
        Paint[Bemalen & Veredeln]
        Install[Auf Tisch montieren]
        Play[Kickern spielen!]
    end
    
    Polycam -->|"Modell exportieren"| Design
    Scaniverse -->|"Modell exportieren"| Design
    Online -->|"in TinkerCAD importieren"| Design
    Scratch -->|"in TinkerCAD erstellen"| Design
    
    Design -->|"falls nötig"| Nomad
    Design -->|"druckbereit"| Slice
    Nomad -->|"finales Modell"| Slice
    
    Slice --> Print
    Print --> Paint
    Paint --> Install
    Install --> Play
    
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    style Polycam color:#ffffff
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    style Scaniverse color:#ffffff
    style Online fill:#006994
    style Online color:#ffffff
    style Scratch fill:#006994
    style Scratch color:#ffffff
    
    style Design fill:#ff1493
    style Design color:#ffffff
    style Nomad fill:#ff1493
    style Nomad color:#ffffff
    style Slice fill:#ff1493
    style Slice color:#ffffff
    
    style Print fill:#ffd700
    style Print color:#000000
    style Paint fill:#ffd700
    style Paint color:#000000
    style Install fill:#ffd700
    style Install color:#000000
    style Play fill:#ffd700
    style Play color:#000000
Workshop-Struktur
Der Workshop erstreckt sich über drei Tage mit flexiblen Zeitfenstern – entweder 3 × 120 Minuten oder 3 × 180 Minuten, je nach Stundenplan der Schule. Jeder Tag baut auf dem vorherigen auf und führt von Exploration über Kreation zur Feier.
Tag 1: Einführung & Exploration (120-180 Min)
Der erste Tag legt die Grundlage und weckt die Neugier:
Raum & Maschinen (30-45 Min)
- Einführung in den Makerspace oder die Werkstattumgebung
 - Maschinenvorstellung: Was ist ein 3D-Drucker? Wie funktioniert er?
 - Erkundung der Makerspace-Möglichkeiten über 3D-Druck hinaus (Lasercutting, Elektronik, etc.)
 - Sicherheitsrichtlinien und verantwortungsvolles Making
 
Software-Einführung (30-45 Min)
- Grundlegende Einführung in TinkerCAD auf iPads
 - Interface-Navigation und wesentliche Werkzeuge
 - Verständnis von 3D-Raum und Manipulation
 - Demonstration des Scan-zu-Modell-Workflows
 
Praktische Exploration (60-90 Min)
- Schüler:innen experimentieren frei in TinkerCAD
 - Individuelle Unterstützung und Anleitung bei Bedarf
 - Erste Versuche im 3D-Scannen mit Polycam oder Scaniverse
 - Schüler:innen beginnen, ihre Figuren-Designs zu konzipieren
 
Der Schlüssel liegt in der Balance – genug Struktur, um sich sicher zu fühlen, genug Freiheit, um Kreativität zu fördern.
Tag 2: Design & Produktion (120-180 Min)
Tag zwei ist der Moment, wo die Magie passiert – vollständig von den Schüler:innen gesteuertes Design und Fertigung:
Vollständige Design-Phase (90-120 Min)
- Schüler:innen arbeiten eigenständig an ihren Figuren-Modellen
 - Integration von Scans oder Aufbau von Grund auf in TinkerCAD
 - Wir unterstützen nur auf Anfrage – die Verantwortung liegt bei den Schüler:innen
 - Problemlösung und Iteration werden natürliche Teile des Prozesses
 - Sicherstellen, dass Modelle technische Anforderungen erfüllen (Montage, Maßstab, Druckbarkeit)
 
Slicing & Drucken (30-60 Min)
- Schüler:innen bereiten ihre Modelle in PrusaSlicer vor
 - Lernen über Stützen, Orientierung und Druckeinstellungen
 - Start der Drucke für fertige Modelle
 - Verständnis für Druckzeit vs. Komplexitäts-Abwägungen
 
Nacht-Drucke
- Modelle, die mehr Designzeit benötigen, werden fertiggestellt und für Nacht-Drucke eingeplant
 - Stellt sicher, dass alle Schüler:innen bis Tag 3 fertige Teile haben
 
Indem wir die Schüler:innen ans Steuer setzen, begegnen sie echten Herausforderungen und entwickeln echte Lösungen – weit wertvoller als Anweisungen zu folgen.
Tag 3: Veredelung & Installation (120-180 Min)
Der letzte Tag verwandelt digitale Kreationen in physische Spielgeräte:
Nachbearbeitung (45-60 Min)
- Entfernen von Stützen von gedruckten Figuren
 - Schleifen und Oberflächenvorbereitung
 - Qualitätskontrolle und kleine Reparaturen bei Bedarf
 
Bemalen & Dekoration (45-60 Min)
- Schüler:innen personalisieren ihre Figuren mit Farbe
 - Schutzbeschichtungen und Veredelungen
 - Aushärtezeit während der Vorbereitung für die Installation
 
Tischvorbereitung & Installation (30-60 Min)
- Kollektive Tischwartung – Reinigen, Reparieren und Ölen des Tischkickers
 - Oft überraschend spannend für Schüler:innen, die Pflege hinter den Kulissen zu sehen
 - Installation der individuellen Figuren auf den Stangen
 - Funktionstest und Anpassungen
 
Feier-Match (15-30 Min)
- Schnelles Kickerspiel mit den neuen individuellen Figuren
 - Schüler:innen erleben ihre Kreationen in Aktion
 - Reflexion über die kreative und technische Reise
 
Das physische Installations- und Tischpflege-Ritual verbindet digitales Making mit materieller Fürsorge und zeigt den Schüler:innen, dass Gestalten auch Pflegen bedeutet.
Werkzeuge & Technologien
Modellbeschaffung
Schüler:innen haben mehrere Wege, um ihre 3D-Modelle zu erhalten:
3D-Scannen:
- Polycam - Benutzerfreundliche Photogrammetrie-App für mobile Geräte
 - Scaniverse - LiDAR-basierte Scan-App von Niantic für unterstützte Geräte
 
Online-Ressourcen:
- Thingiverse - Große Community-Bibliothek für 3D-druckbare Modelle
 - Printables - Kuratierte Sammlung qualitativ hochwertiger 3D-Modelle
 - MyMiniFactory - Community-getriebenes 3D-Objekt-Repository
 
Von Grund auf:
- Schüler:innen können völlig originale Designs direkt in TinkerCAD erstellen
 
Sowohl Scannen als auch Herunterladen geben den Schüler:innen einen Ausgangspunkt zum Modifizieren, während das Erstellen von Grund auf völlige kreative Freiheit bietet. Wichtig ist, dass jede:r Schüler:in ihr/sein Modell personalisiert, unabhängig davon, woher es stammt.
3D-Modellierung
- TinkerCAD - Browser-basierte, intuitive CAD-Software perfekt für Einsteiger:innen. Schüler:innen passen ihre Scans an, fügen Features hinzu und stellen die richtigen Abmessungen für die Kickerstangen sicher.
 - Nomad Sculpt (optional) - Für Schüler:innen, die organische Formen verfeinern und skulpturale Details zu ihren Modellen hinzufügen möchten.
 
Fertigung
- PrusaSlicer - Schüler:innen lernen, ihre Modelle zu slicen, Druckeinstellungen zu konfigurieren und die Beziehung zwischen Design und Herstellbarkeit zu verstehen.
 - 3D-Druck - Praktische Erfahrung mit FDM-Druckern, Lernen über Stützstrukturen, Schichtorientierung und Druckqualität.
 - Bemalen & Veredeln - Persönliche Note mit Farben und Schutzbeschichtungen hinzufügen.
 
Pädagogischer Ansatz
Dieser Workshop folgt der einszwovier-Philosophie des demokratischen und partizipativen Makings:
- Schüler:innen-Eigenverantwortung - Jede:r Schüler:in erstellt ihre/seine eigene einzigartige Figur und trifft persönliche Entscheidungen während des gesamten Prozesses
 - Iteratives Lernen - Fehler werden zu Lernmöglichkeiten; fehlgeschlagene Drucke führen zu besserem Verständnis
 - Kompetenz-Scaffolding - Beginnend mit Scannen (Realität erfassen), fortschreitend zu Modellieren (Realität modifizieren) und schließlich Fertigen (Ideen materialisieren)
 - Funktionales Ergebnis - Die Figuren sind nicht nur Kunstprojekte – sie werden Teil der Spiel-Infrastruktur der Schule
 
Verbesserungen in der zweiten Iteration
Im zweiten Durchlauf dieses Workshops haben wir verfeinert:
- Besseres Zeitmanagement - Klarere Tagesziele und optimierte Scan-Prozesse
 - Vorlagen-Modelle - Starter-TinkerCAD-Projekte, um Schüler:innen Maßstab und Montageanforderungen zu vermitteln
 - Druck-Koordination - Optimierte Druck-Warteschlangen, um sicherzustellen, dass alle Schüler:innen ihre Drucke während des Workshops fertig sehen
 - Dokumentation - Schüler:innen fotografieren ihren Prozess und reflektieren über Design-Entscheidungen
 
Wirkung
Der Kicker Glow-Up verwandelt abstrakte digitale Fertigungskonzepte in greifbare, spielerische Ergebnisse. Schüler:innen sehen die Außentische ihrer Schule bevölkert mit ihren Kreationen, was ein Gefühl von Handlungsfähigkeit und Verbindung zu ihrer Lernumgebung fördert. Das Projekt demonstriert, dass 3D-Druck nicht nur darum geht, Dinge zu machen – es geht darum, junge Menschen zu befähigen, ihre Welt neu zu gestalten.
Dieser Workshop ist Teil des einszwovier-Programms, das demokratisches Making und digitale Fertigung an Berliner Schulen bringt.
